In einem Hamburger Altbau erhalten fast alle Anwohner auf einen Schlag eine Mieterhöhung über 14,99 Prozent. So erging es auch Florian K.*, dessen Miete um weitere 105,94€ steigen sollte, obwohl sie bereits über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag. Erst probierte er selbst zu widersprechen. Als der Vermieter persönlich angegriffen reagierte, schaltete er wenigermiete.de ein. Wir sprachen mit ihm über den erfolgreichen Widerspruch und darüber, ob und wie sich die anderen Nachbarn gewehrt haben.
Florian: "Das Haus gehört einer Erbengemeinschaft. Mein Gefühl ist, die haben chronisch kein Geld aber versuchen alles aus dem Haus herauszuziehen, was geht. Auf der einen Seite lassen sie das Haus vergammeln. Die Keller schimmeln und sind abgesperrt. Ein Elektriker meinte, die Verkabelung ist kreuz und quer und entspricht kaum den Sicherheitsstandards. Die Fenster ziehen. Die Wasserhähne tropfen. Auf der anderen Seite wird mächtig abgeschöpft. Die neuen Nachbarn zahlen fast das Doppelte meiner Miete pro Quadratmeter. Dann kam noch diese Mieterhöhung von 14,99 Prozent..."
Florian: "Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Mieterhöhung gerechtfertigt ist. Auch wenn im Schreiben auf die Gesetzgebung verwiesen wurde…"
Florian: "Ja. Ich habe mich dann informiert. Habe mir von der Website der Stadt Hamburg den Mietspiegel herunter geladen, und geguckt, wo ich liege. Und es sah so aus, als lag meine Miete schon vor der Erhöhung über dem erlaubten Maximum. Also habe ich dann erstmal selbst einen Brief geschrieben, die ganzen Mängel angezeigt und gebeten, dass man mir ein neues Angebot macht."
Florian: "Ein emotionaler Brief, in dem sich die Chefin der Hausverwaltung über die Gerüchteküche im Haus beschwert. Das Krasseste aber war die Behauptung, es sei legal, 20 Prozent mehr Miete zu nehmen als der Höchstwert im Mietspiegel ohne irgendein Gesetz dafür zu zitieren..."
Florian: "Ja, starke Nummer. Das wusste ich dann, dass ich hier allein nicht mehr weiterkomme. In der Wochenzeitung Die Zeit hatte ich bereits von wenigermiete.de gehört und mich dann weiter über Kundenrezensionen und Medienartikel erkundigt, ob ihr seriös seid. Ich fand gut, dass ich den Sachverhalt angeben und die Dokumente einfach hochladen kann. Und dass die Prüfung der Mieterhöhung selbst erstmal nichts kostet. Wenn ihr befunden hättet, dass die Forderung in Ordnung gewesen wäre, hätte ich ihr immer noch nachgeben können, ohne dass ich dafür etwas hätte zahlen müssen."
Florian: "Ich war dort noch nie Mitglied. Ich bin auch nicht so der Typ für “Versicherungen”, wo man monatlich etwas bezahlt, ohne zu wissen, ob jemals ein Fall eintritt."
Florian: "Recht unkompliziert - ihr habt das Abwehrschreiben an den Vermieter geschickt. Dieser hatte daraufhin zwei Monate Zeit eine Klage zu erheben, dass ich der Mieterhöhung zustimmen muss. Da er dies nicht getan hat, war die Mieterhöhung nach ca. 4 Monaten abgewehrt."
In diesem Gebäude in der Wohlwillstraße haben Florian K. und viele weitere Mieter eine Mieterhöhung erhalten
Florian: "Das Vertragsverhältnis kam sehr unkompliziert zustande. Aber ich hätte mir gewünscht, etwas besser über den Stand der Dinge auf dem Laufenden gehalten zu werden. Besonders wann und was mit dem Vermieter kommuniziert wurde…."
Florian: "Einige Mieter haben die Forderungen erfolgreich über den Mieterverein abgewehrt. Andere, die schon viel länger dort wohnen und weniger Miete als ich zahlten, haben die Mieterhöhung akzeptiert. Und die Neueingezogenen, die nahezu 20 Euro pro Quadratmeter zahlen, die hatten keine Mieterhöhung erhalten."
Florian: "Die aktuelle Entwicklung ist auf jeden Fall bedenklich. Hier in meinem Kiez leben die freiberuflichen Journalisten, Fotografen, Kunstschaffende und Musiker noch neben den Porsche-Fahrern, die ihren Wagen in der Tiefgarage parken. Aber wenn die Mietpreise weiter steigen, werden viele Lebensmodelle hier nicht mehr funktionieren. Das muss ein Ende haben. Warum machen wir es nicht wie in Dänemark? Da dürfen ausländische Investoren oder im Ausland lebende Privatpersonen kein Wohneigentum kaufen. Nicht so wie hier, wo große Immobilienfondsgesellschaften viele Gebäude leer stehen lassen, weil sie die Verluste intern verrechnen können."
*Name geändert