Zuletzt aktualisiert am 06. September 2019
Da Vermieter weiter drastisch gegen die Mietpreisbremse verstoßen und einige neue Mietverträge in Berlin inzwischen mehr als 20 Euro pro Quadratmeter verlangen, arbeitet der Berliner Senat an einem verschärften Gesetz zur Deckelung der Mietpreise, besser bekannt als Mietendeckel. Doch für wen soll was gelten? Und ab wann? Sind Staffelmieten ausgenommen? Hier erhalten Sie alle Informationen im Überblick:Der sogenannte Mietendeckel soll die Höhe von Mieten begrenzen und Mieter schützen. Das Ziel des Mietendeckels ist es, den angespannten Berliner Wohnungsmarkt zu beruhigen. Im Gegensatz zum bundesweiten Mietpreisbremsengesetz im Bürgerlichen Gesetzbuch (§556) sollen alle Mietverträge in Berlin darunter fallen und nicht nur solche, die erst nach Einführung des Gesetzes neu abgeschlossen wurden. Zudem sollen niedrigere Höchstgrenzen zwischen 3,92 Euro und 9,80 Euro gelten, und Vermieter sollen mit bis zu 500.000 Euro bestraft werden können, wenn sie sich nicht an das Gesetz halten. Am 18. Juni wurden erstmals die Eckpunkte vorgestellt. Am 21. August 2019 präsentierte Bausenatorin Katrin Lompscher einen Detailplan, der das Eckpunktepapier konkretisierte. Darauf folgte am 1. September 2019 ein abgemilderter Referentenentwurf. Der fertige Gesetzentwurf muss einem engen Zeitplan folgen, um bis zum Januar 2020 in Kraft zu treten.
Laut des Eckpunkte-Beschlusses liegt die typische Mietbelastung, also der Anteil des Einkommens, der für die Miete aufgewandt wird, bei 44 Prozent für eine neu gemietete Wohnung im Vergleich zu 33,3 Prozent für bestehende Mietverhältnisse. Gleichzeitig steigen die Haushaltseinkommen sehr viel langsamer an. Dies liegt unter anderem daran, dass die Nachfrage nach Wohnraum schneller ansteigt, als Neubauten entstehen. Der Referentenentwurf sieht daher vor, dass alle Haushalte, die mehr als 30 Prozent ihres Nettohaushaltseinkommens für ihre Miete ausgeben, einen Antrag auf Mietsenkung entsprechend des Mietendeckels vornehmen können.
Für Mietverhältnisse, die nach Inkrafttreten des Gesetzes neu entstehen gilt: Die Miete darf sowohl die Miethöhe des letzten Mietverhältnisses als auch die neue Höchstgrenze nicht überschreiten. Beide Voraussetzungen müssen gegeben sein.
Zudem sollen die Mieten ab 2020 (basierend auf der Miethöhe am 18.06.2019) für fünf Jahre eingefroren werden, sodass Vermieter die Mieten in diesem Zeitraum nicht erhöhen dürfen. Für Mieterhöhungen durch Modernisierungen ist ebenfalls eine Begrenzung geplant: Modernisierungen werden generell anmeldepflichtig und zusätzlich genehmigungspflichtig, falls diese (entsprechend der aktuell geltenden Umlageformel von 8 Prozent der jährlichen Kosten) die Bruttowarmmiete um mehr als 1,00 Euro pro Quadratmeter erhöhen.
Die Eckpunkte für den Mietendeckel wurden am 18. Juni 2019 beschlossen und geben vor, in welche Richtung das Mietendeckel-Gesetz gehen soll. Zum 21. August wurde der erste detailliertere Entwurf veröffentlicht, eine entschärfte Version dieses Entwurfs wurde am 02. September 2019 veröffentlicht (s.u.), zu dem sich nun Experten und Verbände äußern können. Um rechtzeitig zu Beginn des Jahres 2020 in Kraft zu treten, muss ein engmaschiger Zeitplan eingehalten werden:
Die erste Lesung im Abgeordnetenhaus von Berlin findet am 31. Oktober 2019 statt, die zweite am 12. Dezember 2019. Ausschussberatungen zum Gesetz finden im November bzw. Dezember 2019 statt. Falls auf weitere Lesungen verzichtet und das Gesetz eine Mehrheit im Senat findet, kann es bis zum 10. Januar 2020 verkündet werden und träte dann – nach aktueller Planung - zum 11. Januar 2020 in Kraft.
Auszug aus dem Beschluss der Eckpunkte:
„Die öffentlich-rechtliche Begrenzung der Mieten erfolgt durch ein Landesgesetz, welches Anfang 2020 in Kraft treten soll. Die Regelungen sollen grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der heutigen (18. Juni 2019) Beschlussfassung der Eckpunkte durch den Senat greifen, um zu verhindern, dass die Mieten noch kurzfristig erhöht werden. Die Regelungen zur Miethöhe sollen auf fünf Jahre befristet werden.“
Das Gesetz soll bis zum 11. Januar 2020 in Kraft treten. Nach Inkrafttreten soll es möglich sein, einen Antrag auf Mietsenkung entsprechend der neuen Gesetzgebung zu stellen.
Ist die eigene Miete laut Mietendeckel zu hoch, soll der Mieter ein Anrecht darauf haben, diese zu senken. Es ist geplant, dass dafür ein Antrag beim Bezirksamt gestellt werden muss. Hierbei soll die Wirkung der Mietsenkung frühstens ab dem Tag der Antragsstellung geltend gemacht werden. Es ist daher zu erwarten, dass mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes eine Flut von Mietern einen Antrag stellen werden.
Wenigermiete.de wird zeitnah eine Dienstleistung anbieten, ihnen bei der Antragstellung zu helfen. Wir werden dabei unseren Prinzipien treu bleiben, dass Sie alles online und ohne Kostenrisiko erledigen können.
Wenn Sie eine Mieterhöhung erhalten, obwohl Sie unter dem Mietendeckelgesetz keine erhalten dürften, können Sie sich an wengiermiete.de (Abwehr von Mieterhöhungen), den Mieterverein, oder einen Anwalt wenden.
Treffen die drei Punkte auf Ihr Mietverhältnis zu, haben Sie ein Anrecht darauf, die Rechtmäßigkeit der Höhe Ihrer Miete überprüfen zu lassen.
Allerdings können Vermieter einen Härtefall beantragen, wenn eine Mietsenkung eine wirtschäftliche Härte darstellen würde. Hierbei soll eine Einzelfallentscheidung getroffen werden.
Übrigens: Ähnlich wie bei der Mietpreisbremse soll der Mietendeckel sowohl für Index- und Staffelmieten als auch für möblierte Wohnungen gelten.
Neben Lob gibt es auch viele kritische Stimmen:
Die Obergrenze des Mietendeckels liegt bei 9,80 Euro pro Quadratmeter, wobei die durchschnittliche Miete pro Quadratmeter in Berlin laut des Berliner Mietspiegels aus dem Frühjahr 2019 bei 6,27 Euro pro Quadratmeter liegt (Stadt Berlin).
85 Prozent der Berliner sind Mieter (Stadt Berlin). Forscher vom Wirtschaftsforschungsinstitut IW Köln kritisieren, dass wenige dieser Mieter von hohen Neumieten betroffen sind. Die meisten Berliner Mietverträge sind Bestandsverträge und fallen deutlich niedriger als die neue Obergrenze aus. Dadurch würden kürzlich Zugezogene in „hippen“ Bezirken wie Prenzlauer Berg am meisten von dem neuen Mietpreisdeckel profitieren. ( WirtschaftsWoche).
Ökonomen haben die Befürchtung geäußert, dass Vermieterfirmen ihre Wohnungen lieber verkaufen, anstatt sich an den Mietpreisdeckel zu halten. Dies führt wiederum dazu, dass noch weniger freie Wohnungen zur Miete stehen und der Markt noch angespannter wird. (Süddeutsche Zeitung).
Aufgrund der angespannten rechtlichen Lage und der sinkenden Mieteinnahmen, ist zu erwarten, dass auch die Investitionen in Berliner Immobilien sinken und sich die Wohnungskrise potentiell sogar verstärkt. (Zeit).
Stadtsoziologe Andej Holm erklärt gegenüber rbb24, dass er die Angst vor der Investorenflucht nicht nachvollziehen kann: „Wenn wir die Investitionsanreize im Bestand durch einen strengen Mietendeckel reduzieren, kann das Geld auch abfließen und viel stärker in den Neubau investiert werden. Denn Neubaumieten sind ja von diesen strengen Mietregulierungen ausgenommen. Neubau ist das einzige Geschäftsfeld, wo man dann mit Wohnungen noch Geld verdienen kann. Insofern sehe ich die Angst vor einer Investorenflucht überhaupt nicht.“
Der Mietpreisdeckel ist juristisches Neuland, und die rechtliche Lage ist nach wie vor unklar. Verschiedene Gutachten kommen je nach Auftraggeber zu unterschiedlichen Ergebnissen: Laut eines Gutachtens des Bundestages, in Auftrag gegeben von der CSU, ist das Mietpreisrecht bereits abschließend durch das BGB geregelt und kann somit nicht von Bundesland zu Bundesland festgelegt werden. Ein anderes Gutachten, welches von der SPD in Auftrag gegeben wurde, kommt jedoch zu dem Schluss, dass Regelungen von Land zu Land durchaus möglich sind.
18. September 2019 Im TV Interview spricht sich der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, gegen Absenkungen bei bestehenden Mietverhältnissen aus: „Das ist ein wirklich harter Eingriff und juristisch schwer zu halten. Und dann muss man sich mal vorstellen, was das an Einzelfall-Prüfungen heißt. Da kommen auf einmal, was weiß ich, 350.000 Mieter und sagen: Jetzt möchte ich, dass Ihr meine Miete überprüft.“ (Berliner Zeitung).
30. August 2019: Katrin Lompscher, die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, hat die Hauptinhalte des Referentenentwurfs vorgestellt. Diese sind im Vergleich zum ersten Entwurf entschärft.
21. August 20 19: Der erste Gesetzentwurf wurde veröffentlich und beinhaltet die bisher unbekannte Höchstgrenze für Mieten: 7,97 Euro nettokalt pro Quadratmeter monatlich. Weitere Punkte des ersten Entwurfs:
Erstmalige Bezugsfertigkeit der Wohnung und Ausstattung |
Mietpreis pro Quadratmeter |
---|---|
bis 1918 mit Sammelheizung und mit Bad | 6,45 Euro |
bis 1918 ohne Sammelheizung und ohne Bad | 3,92 Euro |
1919 bis 1949 mit Sammelheizung und mit Bad | 6,27 Euro |
1919 bis 1949 mit Sammelheizung oder mit Bad | 5,22 Euro |
1919 bis 1949 ohne Sammelheizung und ohne Bad | 4,59 Euro |
1950 bis 1964 mit Sammelheizung und mit Bad | 6,08 Euro |
1950 bis 1964 mit Sammelheizung oder mit Bad | 5,62 Euro |
1965 bis 1972 mit Sammelheizung und mit Bad | 5,95 Euro |
1973 bis 1990 mit Sammelheizung und mit Bad | 6,04 Euro |
1991 bis 2002 mit Sammelheizung und mit Bad | 8,13 Euro |
2003 bis 2013 mit Sammelheizung und mit Bad | 9,80 Euro |